Auf dem Bild seht Ihr das eindrucksvolle Schlussbild – hier schon beim Schlussapplaus – von Harry Kupfers Inszenierung. Die Premiere war am 16. März. Für mich war die Einladung an die Komische Oper und speziell die Zusammenarbeit mit Harry Kupfer – er ist mittlerweile 83 – eine große Ehre und Bereicherung. Kupfer war von 1981 bis 2002 Chefregisseur an der Komischen Oper und hatte nun auf Einladung von Barrie Kosky freie Wahl im Blick auf das Stück. Er wählte Händels Oper „Poro, Re del´Indie“. Diese Oper hat er als Assistent bei den Händelfestspielen in Halle kennengelernt (1958). Als er bei einer unserer ersten Bühnen-Orchesterproben das Orchester begrüßte, bezeichnete er „Poros“ als seine Lieblingsoper.

In Halle wurden die Opern komplett auf deutsch übersetzt und die hohen Kastratenstimmen durch Männerstimmen ersetzt – das war auch die Setzung in unserer Produktion. So hatte Kupfer in den 50er Jahren Händel lieben gelernt. Er erzählte, wie beliebt die Händelopern zu dieser Zeit waren und wie hier überhaupt die Wiederentdeckung dieses Barockrepertoires initiiert wurde. In gewisser Weise bekommt die historische Aufführungspraxis in unserer Produktion also eine doppelte Bedeutung. Kupfers Zugang zu den Rezitativen ist schauspielerisch, jede Äußerung braucht eine Motivation in der theatralen Figur – dazu haben die Figuren auch unterschiedliche Erzähltempi. Normalerweise sind „meine“ Rezitative und Arientempi eher schnell, aber Kupfers Arbeit an den Figuren und Ihrer Rhetorik, ihrer inneren Gedankenwelt haben mich sehr überzeugt. Da ich die Kupfer-Ära auch selbst nicht erlebt habe, wirkt diese Umsetzung und vor allem die deutsche Sprache in den Rezitativen sogar modern auf mich.

Die Tradition, die Rezitative auf deutsch zu übersetzen und dann neu zu komponieren stammt bereits aus der Barockzeit. Telemann hat neben 17 weiteren Opern Händels „Poro“ an der Hamburger Gänsemarktoper aufgeführt, auch hierbei schon die Kastraten durch tiefe Stimmen ersetzt. Die Arien blieben allerdings in der Originalsprache. Das war auch eine spezielle Erfahrung in der Probenarbeit: unsere konsonantenbetonte deutsche Sprache hemmt in den Arien eher den rhythmischen Fluss, die Musik ist doch für den Legato-Klang der italienische Singsprache komponiert. Also das Telemann-Konzept scheint interessant zu sein, der Mikrofilm seiner Fassung von 1732 liegt bereits auf meinem Schreibtisch.

Hier kommen einige Pressestimmen zur Berliner Premiere, die zum Teil sehr gegensätzlich sind. Manche sind begeistert, andere dachten, dass man diese Ära der Händelinterpretation zum Glück schon hinter sich gelassen habe….

Unser szenischer Abend mit Johann Sebastian Bachs Kirchenkantaten hatte am 26. Januar 2019 im Staatstheater Kassel seine Premiere. Vielen Dank an die Pressevertreter, die den Premierenabend in den folgenden Beiträgen rezensiert haben.

Ab dem 16. März 2019 wird an der Komischen Oper in Berlin die Barockoper „Poros“ von Georg Friedrich Händel aufgeführt. Dabei wurde ich mit der musikalischen Leitung des Orchesters betraut. Die Vorlage zu Händels 1731 uraufgeführtem Werk entstammt der Feder des berühmtesten Librettisten der Operngeschichte: Pietro Metastasio. Gleich sechs verschiedene Komponisten nahmen sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts dieses Werkes an, das eine Episode aus dem Indienfeldzug des antiken Eroberers Alexander des Großen erzählt. Händels Bearbeitung des Stoffes entwickelt die Konflikte in einem Kammerspiel, dessen aufwühlende und berührende Musik Ton für Ton von größter Theaterleidenschaft und Menschenkenntnis durchdrungen ist. (Quelle: Komische Oper Berlin)

Vorstellungen:
16. März 2019 – Premiere
29. März 2019
13. April 2019
20. April 2019
04. Mai 2019
25. Juni 2019

Tickets findet ihr hier.
Mehr Informationen zum Kammerspiel und zur Besetzung finden sich auf der Webseite der Komischen Oper.

Nach der Uraufführung von Brescianellos Tisbe ist Heinichens Flavio die zweite Ausgrabung einer nie gespielten Barockoper mit il Gusto Barocco. Als Koproduktion zwischen SWR und dem Label cpo soll der Konzertmitschnitt vom Juni 2016 im Laufe diesen Jahres auf drei CDS erscheinen. Die historischen Umstände dieser Oper sind besonders: Ein Streit der beiden weltberühmten Kastraten Senesino und Berselli sorgte für einen Eklat, der die Premiere von Heinichens Oper am Dresdner Hof verhinderte. Anekdoten berichten, dass die Sänger dem Komponisten mangelnde Italienisch-Kentnisse vorwarfen und im Probenprozess die Noten vor den Augen des Komponisten zerrissen – andere wiederum, dass Händel auf der Reise von Italien nach London die Dresdner Sänger abwarb. Der provozierte Eklat diente zur Auflösung aller Verträge mit August dem Starken in Dresden.

In diesem Trailer ist die Schlußarie der Elena am Ende des zweiten Aktes zu hören, gesungen von Dana Marbach:

Wenn die Seele das Glück anderer sieht,
fühlt sie sich im Kampf,
ihr innerer Schmerz wird stärker.
Sie seufzt, sie fürchtet sich;
Je weniger der Verstand weiß,
desto mehr klagt sie und fürchtet sich.

Heinichen wählt eine sehr aparte Instrumentierung, um die Reinheit und Zerbrechlichkeit dieser Figur zu charakterisieren: In den Orchester-Ritornellen erklingen drei klagende Oboenstimmen ohne jegliches Baß-Fundament – ihr Klagegesang selbst wird durch leise Pizzicati der Streicher und in unserer Interpretation des Basso Continuo durch Arpeggien der Harfe begleitet. Dieser melancholische und fragile Aktschluß steht beispielhaft für Heinichens poetische und hoch empfindsame Vertonung dieses Opernlibrettos.

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Im Juni 2016 hat il Gusto Barocco Heinichens Oper „Flavio Crispo“ uraufgeführt. Der Mitschnitt des SWR ist jetzt geschnitten und gemischt und wird bald bei cpo auf drei CDs erscheinen.

Heinichens Oper war seinerzeit am Dresdener Hof wenig Erfolg beschieden. Ein Streit der beiden weltberühmten Kastraten Senesino und Matteo Berselli sorgte für einen Eklat, weshalb August der Starke unverzüglich alle Sänger entließ, obwohl Flavio Crispo bereits vollständig komponiert war. Ausschlaggebend war angeblich Senesinos Unzufriedenheit über die Art und Weise, wie Heinichen die italienischen Worte in Musik gesetzt hatte, weshalb er die Noten zerriss und dem Komponisten vor die Füße warf. Senesinos respektlose Einmischung hatte aller Wahrscheinlichkeit nach bestimmte Gründe: Kurz zuvor war Georg Friedrich Händel nach Dresden gereist, um Senesino für seine Londoner Opernakademie zu engagieren. Es ist davon auszugehen, dass der Sänger diesen Eklat absichtlich provozierte, um das Dresdener Vertragsverhältnis rasch zu beenden. Kurz darauf wirkte ein großer Teil des Dresdener Opernensembles bei der Londoner Uraufführung von Händels Radamisto mit!